Zum Verlauf des Insolvenzverfahrens der Fa. Dailycer (AG Stendal) erklärt der Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte e.V.:
Es ist nach Ansicht des Bundesarbeitskreises problematisch, wenn ein Hauptgläubiger die Betriebsfortführung eines insolventen Unternehmens deswegen behindert, weil er einen anderen Insolvenzverwalter/Sachwalter erzwingen will. Das zum 1.3.2012 in Kraft getretene „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ („ESUG“) sieht über die Regelung des § 56 a InsO die Mitbestimmung des vorläufigen Gläubigerausschusses bei der Auswahl des Insolvenzverwalters/Sachwalters vor.
Das Insolvenzgericht hat aber auch bei einem einstimmigen Vorschlag ein eigenes Entscheidungsermessen und ist gesetzlich gehalten, die Eignung des Vorgeschlagenen eigenständig zu prüfen –diese Entscheidungsbefugnis dient der gesamten Gläubigerschaft im Sinne der Wahrung der Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters für ein rechtsstaatliches Verteilungsverfahren. Dieses Entscheidungsermessen hat das AG Stendal mit Entscheidung v. 31.8.2012 (ZIP 2012, 1875) ausgeübt, einen anderen, bundesweit nicht unbekannten Insolvenzverwalter zum Sachwalter ernannt, und gem. § 27 Abs.2 Ziffer 5 InsO diese vom Votum des Gläubigerausschusses abweichende Entscheidung ordnungsgemäß und nachvollziehbar begründet. Es entspricht dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit eines Insolvenzverfahrens und der Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 GG), wenn demgegenüber opponierende Gläubiger nur mit den in der Insolvenzordnung vorgesehenen Mitteln in das Verfahren weiter eingreifen. Die Betriebsfortführung darf und sollte, insbesondere nicht über Druckausübung gegenüber dem Insolvenzgericht, nicht behindert werden. Mitglieder des Gläubigerausschusses haben gem. §§ 69, 71 InsO das Gesamtinteresse der Gläubigerschaft zu beachten, nicht das der von ihnen vertretenen Gläubiger. Der Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte (BAKinso e.V.) ist im Sinne der vorstehend aufgezeigten Grundlinien über die Verläufe in dem vorgenannten Insolvenzverfahren besorgt, die geeignet sind, die guten und anerkennenswerten Ziele, die der Gesetzgeber mit dem Reformgesetz „ESUG“ zu einigen Regelungen der Insolvenzordnung auf den Weg gebracht hat, in der Umsetzung zu diskreditieren. Bereits im Jahre 2001 musste der Gesetzgeber die Vorschrift des § 57 InsO (Abwahl des Insolvenzverwalters) durch Einführung einer Kopfmehrheit reformieren, nachdem finanzstarke Hauptgläubiger einige Insolvenzverfahren aus nicht immer sachdienlichen Gründen majorisiert hatten.