Gutes Insolvenzrecht erfordert „gutes Insolvenzgericht“

Gutes Insolvenzrecht erfordert „gutes Insolvenzgericht“ von Vorstand und Beirat des BAKinso e.V.

 

Der INDat-Report hat in Ausgabe 1_2010 die Stellungnahmen derjenigen Bundesländer zu „Konzentration und Ausstattung der Insolvenzgerichte“ abgedruckt, in denen bisher von der Konzentrationsmöglichkeit gem. § 2 Abs.1 InsO wenig oder kein Gebrauch gemacht worden ist. Das Resümee konnte dort unter „Keine Mängel, aber auch keine Konzentration“ zusammengefasst werden. BAKinso e.V. nimmt daher wie folgt Stellung:

 

 

In den Jahren 2008 und 2009 wurden durchschnittlich an 134 Insolvenzgerichten jeweils nur unter 50 Unternehmensinsolvenzverfahren/Jahr eröffnet! Das heißt: An diesen Gerichten hat ein Insolvenzrichter durchschnittlich ein Mal pro Woche (!) einen Antrag im Unternehmensinsolvenzverfahren auf dem Tisch, bei geschäftsplanmäßiger Teilung der insolvenzrechtlichen Zuständigkeit noch weniger häufig. Verkürzt man das Raster auf bis zu 20 eröffnete Unternehmensinsolvenzverfahren im Jahr, finden sich immerhin noch 61 Insolvenzgerichte mit solchen Verfahrenszahlen. Von diesen Gerichten haben sogar 18 Gerichte nur bis zu zehn eröffnete Regel-Insolvenzverfahren im Jahr (!) zu verzeichnen. Diese Diaspora des Insolvenzrechtes macht wenig Sinn.

 

Hinzu treten häufige missliche personelle Wechsel im Abteilungsvorsitz. Folge: Junge Proberichter oder uninteressierte Pflichtrichter müssen das Insolvenzdezernat abwechselnd „verwalten“. Vorschlag: § 22 Abs.6 GVG wie folgt ändern: Geschäfte in Insolvenzsachen darf nur ein Richter mit mehr als fünf Dienstjahren wahrnehmen. Er soll über besondere Kenntnisse im betriebswirtschaftlichen Bereich verfügen. Auch im Rechtspflegerbereich existieren keinerlei gesetzliche Sicherungen zur Garantie eines erfahrenen Personalstamms.

 

Konzentration der Insolvenzgerichte schafft größere Möglichkeiten zu spezialisierten Abteilungen für Insolvenzrecht.  Insolvenzrecht ist „Schnittmaterie“ vieler Rechtsgebiete. Eine verlässliche Kontrolle und eine belastbare und nachvollziehbare Verwalterauswahl erfordern Einarbeitung und Erfahrung der Rechtsanwender. Insolvenzgerichtliche Rechtsanwender sind die Garanten einer fairen und transparenten Verteilung von u. U. Milliarden EUR-Massen in vielen Groß-Insolvenzverfahren. Dies erfordert ein dazu im Verhältnis stehendes Maß an Kontrollfähigkeit.

 

Es kann daher nicht als gläubiger- oder schuldner“feindlich“ dargestellt werden, wenn das zuständige Insolvenzgericht nicht „um die Ecke“ liegt. Insolvenzverfahren natürlicher Personen werden in der Regel im schriftlichen Verfahren abgewickelt, daher muss das Gericht meist nicht aufgesucht werden. Weiterhin findet in Unternehmensinsolvenzverfahren meist nur eine wichtige Gläubigerversammlung, der Berichts- und Prüfungstermin, statt. Hier ist den Beteiligten durchaus zuzumuten, einen längeren Weg zum Insolvenzgericht als zum Amtsgericht „vor Ort“ in Kauf zu nehmen, da das Ergebnis vernünftiger Konzentration im Verhältnis wesentlich wichtiger ist.

 

In vielen Bundesländern finden durchaus ein Mal pro Jahr Fortbildungsangebote für insolvenzgerichtliche Rechtsanwender statt, jedoch ist die Zahl der Plätze so begrenzt, dass längst nicht alle teilnehmen können. Was natürlich an allen Ecken und Enden fehlt, sind weitere aktuelle Kommentare zur InsO und  InsVV, die sich nicht z.B. in Online-Dateien finden. Insolvenzrechtliche Zeitschriften kommen nur im Umlauf und sind, wenn sie den Rechtsanwender tatsächlich erreichen, nicht mehr aktuell. In Bayern haben die Insolvenzgerichte nicht einmal ein funktionierendes EDV-gestütztes Abwicklungssystem für Insolvenzverfahren.

 

Die personelle Ausstattung der Insolvenzgerichte wird von der Kollegenschaft länderübergreifend als katastrophal angesehen: Geschäftsstellen und Rechtsanwenderbereich sind völlig überlastet, steigenden Verfahrenszahlen wird nicht ausreichend Rechnung getragen.

 

Gutes Insolvenzrecht ist, dies hat der Gesetzgeber bereits erkannt, Standortfaktor für Deutschland – setzt aber auch „gutes Insolvenzgericht“ voraus.

 

BAKinso e.V. kann daher einer „beruhigenden Bilanz“ seitens der genannten Justizministerien nicht zustimmen und sieht dringenden Bedarf der Handlungsinitiative von Ländern und BMJ.

Vorstand und Beirat BAKinso e.V.